Samstag, 3. April 2010

Helmut Kohl zum 80. - Ein Text zum Wünschen

Sehr geehrter Herr Dr. Kohl,

Sie werden heute achtzig Jahre alt. Ein Jubiläum besonderer Art, weshalb das vereinigte kingdom underground mit Glückwünschen nicht nachstehen möchte. Aber, dazu muss relativiert werden. Sie waren sechzehn Jahre Kanzler dieses Landes, eine halbe Ewigkeit für manchen. Nimmt man diese Zahl einmal als Basis der Bezifferung, Informatiker kommen damit besser zurecht, so waren Sie F+1 Jahre Regierungschef, was 0x10, nach hexadezimaler Schreibweise zehn, entspricht. Dies ist eine stolze Zahl, ähnlich dem Alter das Sie heute erreichen, was wiederum bedeutet, Sie nunmehr 50hex sind; so alt wird kein Schwein. Gut, das wundert niemanden, es musste vermutlich für den Saumagen dran glauben. Bon appetit was das betrifft. Als Muslim auf zweiter Stufe dürfte ich Ihnen diesen zwar nicht wünschen, doch können wir ob Ihres Jubiläums hier sicher eine Ausnahme machen. Also wie dem auch sei, mit jenen 50h sind Sie jung genug noch möglichst lange gesund erhalten zu bleiben. Zum Scherz auf Seite.

Bevor Details an der Reihe sind, muss eine unscheinbare Kleinigkeit vorrausgeschickt werden. Als Bürger dieses Landes habe ich Sie nie gewählt, aus zwei Gründen: da ich nie in ihrer Wahlkreisheimat Rheinland Pfalz gelebt habe und niemals Abgeordneter im Bundestag war habe ich gar nicht für Sie stimmen können. Auf beides bin ich stolz, aus anderen Gründen, was jedoch nichts mit dem bundesrepublikanischen Wahlsystem zu tun hat oder damit, wie man zu Ihrer Politik stand, was hier und heute gar nicht entscheidend sein soll. Ihren Nachfolger hingegen wollte man in altdeutscher Tradition wieder einmal nicht gewählt haben, auch wenn man im Gegensatz und weitesten Sinne dabei geholfen hatte, unglücklicherweise. Bitte verstehen Sie diese Äusserungen nicht falsch, die Bedeutung Ihrer Amtszeit wurde einem klar nachdem sie zu Ende war. Man hat Sie währenddessen stets unterschätzt, danach nicht mehr.

An einem Tag wie diesem soll der Platz nicht fehlen auf Ihre Verdienste einzugehen, tatsächliche und solche die Ihnen gelegentlich zugeschrieben werden, in Folge dessen Sie ausbauen konnten was an Hinterlassenschaften vorhanden war - hier werden nicht nur Sie sicherlich zustimmen, bei aller politischen Gegnerschaft die Sie hatten. Sie waren Kanzler der Deutschen zur Zeit des Mauerfalls vor über zwanzig Jahren. Glasnost und Perestroika haben Sie aus nächster Nähe erleben können, durchschaut aber haben selbst Sie vermutlich nicht was die Wodka Crew so alles auf der Pfanne hatte. Sicher, die deutsche Wiedervereinigung hätten Sie ohne die Entspannungspolitik von Brandt nicht vollenden können, Sie haben beherzt zugegriffen als die Chance sich bat und zumindest war der rot-lackierte Teil des Faschismus ab dem Moment beerdigt. Deutsches Unkraut das nach der Wiedervereinigung zu blühen begann ist ohnehin niemand anderem anzulasten als dem Land selbst, dass und wie es die Landschaft des Ostens fortan verschandelte Spätfolge der Weimarer Republik, bzw der von den Nazis beschworenen deutschen Wiedergeburt. Wie diese vielleicht dennoch Realität wurde ist eines der traurigen Kapitel seit 1990, wer auch immer aber Ihnen dies anlastete hat nicht verstanden was Politik bedeutet. Um nun aber nicht endlos in die falsche Richtung auszuufern, wird man Ihre Leistungen für das Zusammenwachsen des europäischen Kontinents noch lange zu würdigen haben, ganz ehrlich, obschon dies gar nicht Ihren grössten Verdienst darstellt. Der ist ganz subjektiv betrachtet die Tatsache, dass Sie während Ihrer gesamten Amtszeit Deutschland aus Kriegen herausgehalten haben. Nicht unwichtig in dem Kontext ist, dass Sie der letzte Kanzler waren der den grossen Krieg noch erlebt hat. Dass es auf lange Sicht nicht gelingen könnte haben Sie vermutlich geahnt, weil davon auszugehen ist, Sie die Schergen beobachtet haben müssen die seit je her nichts anderes im Sinn haben als zum Angriff zu blasen. Wahrscheinlich haben Sie die böse Falle geahnt in die Herr Schröder tappte, und dass die Bundeswehr in Kampfeinsätze zu schicken nur auf deutschem Territorium legal wäre. Das Grundgesetz muss Ihnen viel wert gewesen sein, ein Schluß zu dem man kommen kann wenn man in der neudeutschen Geschichte heutzutage ein wenig blättert. Überhaupt muss man sich nicht schämen zu behaupten, dass eine Verschwörung reaktionärer Kreise zu grossen Teilen verantwortlich gewesen sein muss, wie es dazu kam Sie 1998 abgewählt wurden. Anders ist die Politik desjenigen der Sie beerbte nicht zu erklären. Man weiss doch manches mal erst was man an den Menschen hatte wenn sie einem nicht mehr stetig präsent sind.

Es war im Jahr 1982 als Sie Kanzler wurden, eines mit Signalcharakter an dem meine persönliche politische Bildung einst begann. Gut entsinne ich mich wie Leute rund um mich herum die Hände über dem Kopf zusammenschlugen, wenn auch nicht alle. Doch wie so oft ist man ja hinterher klüger, und heute beginnt man zu verstehen wie es angeht, dass ausgerechnet eine Birne zum Sieg des Geistes über die Materie ausholte. Sie kamen durch einen demokratischen Putsch an die Macht, Ihr Vorgänger Reiner Barzel war noch gescheitert als er sich am Mißtrauensvotum versuchte. Von Ihnen haben wir gelernt, dass der Putsch als Mittel zu Machtübernahme mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Erst nach ihrer Amtszeit konnte man sehen warum die Variante die Sie nutzten wegweisend war und eine weitere existieren muss, damit auch die geistige Führung endlich gelänge. Denn, auch das sollte einmal Erwähnung finden, wer wenn nicht ein Machtmensch könnte qualifiziert zum Regierungschef eines Staates sein. Man könnte so vieles anbringen, um den Bundeskanzler Helmut Kohl zu charakterisieren. Zum Beispiel dass Sie drei amerikanische Präsidenten erlebt haben, oder mit Gorbatschow und Jelzin zwei ehemalige russische Staatschefs zu Ihren persönlichen Freunden zählen. Ebenso anbringen könnte man die Privatisierungen die unter Ihrer Ägide stattfanden, die nicht unbedingt jeder Manns Sache sind, die Verankerung im Grundgesetz (TELEKOM) wie Sie sie zu verantworten haben ist ein Relikt Ihres Wirkens das den Terminus des geistig-moralischen erst verständlich macht, bzw. klar, warum Sie im Grunde Ihres Herzens eine Schwäche für wahrhaft linke (Anmerkung des Anarchisten: sozial-intellektuelle) Ideologien haben müssen.

Sie haben einmal gesagt, dass Ihre Partei - die CDU - keine demokratische Partei wäre; dass es sich mit dem Land als solchen so verhält ist ebenfalls nicht Ihnen anzulasten; auch haben Sie nur bedingt etwas daran ändern können, wir alle erinnern uns gut wie die Entdemokratisierung im Anschluss Ihrer Amtsausübung tatsächlich erst begann.

Eine Qualität die ich persönlich immer aufrichtig bewundert habe ist die des Aussitzens im Stile der deutschen Eiche. Nicht vieles am deutschen Land ist aus meiner Sicht positiv, die Fähigkeit Probleme die man nicht lösen kann auf ihr Verschwinden hin abzuwarten ist etwas des wenigen. Sie waren darin ein solcher Meister, dass Sie sich überhaupt so lange im Amt des deutschen Regierungschefs halten konnten, was Sie selbst unter Umständen mehr gewundert hat als andere ohnehin. Na ja, dass Sie dies mit der Spendenaffäre ebenso versuchten ist ohnehin bestenfalls ein schlecht in Umlauf gebrachtes Gerücht. Sie ist schliesslich noch gar nicht aufgeklärt.

Kommen wir zur geistig-moralischen Wende. Ein Reizthema früherer Tage, wenn nicht das primäre weshalb Sie oft verspottet wurden. Wahrscheinlich gehört es zur Natur der Sache es seine Zeit dauern musste, ab der man ahnte was gemeint gewesen sein könnte. Tatsächlich nämlich haben wir als Volk daraus gelernt, dass es Ihre Nachfolger waren die wir stürzen müssten. Es war immerhin noch möglich Sie abzuwählen. Sicher, dass Ihnen das nicht gefiel leuchtet ein, nur weiss man aus heutiger Sicht es mit demokratischen Mitteln noch möglich war. Der Politikwechsel danach, man bricht ab vor Wiederholung.

Als Mensch haben Sie Schicksalsschläge hinnehmen müssen die man niemandem wünscht. Tragisch, dass es der Tod Ihrer Frau war der einem den Menschen Helmut Kohl vielleicht zum ersten mal zeigte, der Mitgefühl hervorrief, prinzipiell etwas das man in der Politik vermisst. Und womöglich war es meine Wahlheimat Spanien, in der Sie hohe Anerkennung geniessen, die möglicherweise den Startschuss dafür lieferte einen anderen Punkt der Betrachtung auf Ihre Regentschaft zu wählen. So much on that.

Im Namen des Papstes, des Obers und der heiligen drei Kräuter die Sie riefen, das Ende naht - nicht Ihres. Ein letztes persönliches Wort nämlich das zwingend mit rein muss ins Telegramm. Heute, ich würde Sie wählen, theoretisch, und wenn als Abgeordneter der Linkspartei im Bundestag vertreten. Herr Dr. Kohl, kingdom underground sendet Ihnen die allerherzlichsten Wünsche. Bleiben Sie gesund, geistig frisch und lange am Leben. Denn nur so viel ist wichtig für Abschluss; bei der Vollendung Europas noch dabei zu sein, es steht Ihnen zu und ohne würde was fehlen.

Bitte, kommen Sie zurück!! Putschen Sie noch mal, im Namen des Volkes!

Wir flehen Sie an.

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